RHEINISCHE POST, 15. Dezember 2021

In einer Xantener Flüchtlingsunterkunft müssen zwei Familien mit sieben Menschen auf 55 Quadratmetern zusammenleben. Daran gibt es Kritik. Aber eine Lösung des Problems sei nicht so einfach, erklärt die Stadt. 

Von Markus Werning


In der städtischen Unterkunft am Küvenkamp in Xanten sind zurzeit 65 Menschen untergebracht (Stand: November 2021) Foto: Fischer, Armin

Xanten Etwa ein Viertel der Flüchtlingsunterkunft am Küvenkamp in Xanten kann seit mehr als einem Jahr nicht genutzt werden, nachdem es im Gebäude einen Wasserschaden gegeben hat. Der geringer gewordene Platz führt offenbar zu Problemen: Zwei Familien wurden zusammen in einer Wohneinheit untergebracht, aber zwischen ihnen soll es mittlerweile so große Spannungen geben, dass die Situation mindestens für eine Frau unerträglich geworden sein soll. Die Verwaltung hat nach eigenen Angaben nach einer Lösung gesucht, aber bisher ohne Erfolg.

Shahin Shabani von der Partei Die Linke machte auf die Situation der beiden Familien aufmerksam. Sie engagiere sich ehrenamtlich für die geflüchteten Menschen und habe sich schon an Sozialverbände, Sozialamt und Ratsmitglieder gewandt, schrieb sie unserer Redaktion. Weiter berichtete sie, dass die beiden Familien aus unterschiedlichen Ländern stammen und die eine aus drei, die andere aus vier Personen bestehe. Shabani kritisierte, dass sich diese sieben Menschen eine Wohneinheit teilen müssten. Die „beengte Wohnsituation“ sorge für Konflikte. „Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass dieses Wohnen auf engstem Raum eine starke psychische Belastung für alle Beteiligten darstellt.“

Die Verwaltung erklärte auf Anfrage unserer Redaktion die Hintergründe. Eine Wohneinheit in der Flüchtlingsunterkunft sei für bis zu acht Personen ausgelegt, und der Platz müsse auch maximal ausgenutzt werden, um alle Menschen unterzubekommen, erklärte der Fachbereich Soziales. Das Gebäude habe zwar insgesamt 24 Wohneinheiten, aber wegen des Wasserschadens seien sechs zurzeit nicht nutzbar, und zwei müssten frei bleiben, weil sie entweder für Menschen mit Behinderung oder für eine Familie vorgesehen seien, die in den nächsten Wochen aus einer anderen Unterkunft dorthin umziehen werde. In den 16 verbliebenen Wohneinheiten seien insgesamt 65 Menschen untergebracht, es handele sich fast ausschließlich um Familien. Außerdem würden noch weitere Zuweisungen erwartet, die untergebracht werden müssten.

Im vorliegenden Fall handle es sich um zwei Familien, die seit April zusammenlebten. Zunächst seien es insgesamt sechs Personen gewesen, seit der Geburt eines Kindes sieben. Beide Familien befänden sind in laufenden Asylverfahren, gemäß Paragraf 53 des Asylgesetzes seien sie daher in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen. Dass sie sich eigene Wohnungen suchten, sei vom Gesetzgeber nicht vorgesehen.

Der Wohnungsmarkt in Xanten biete aktuell aber kaum Möglichkeiten, weder für die Familien selbst, noch für die Stadt, angemessenen Wohnraum zu finden. Einer Familie sei angeboten worden, in eine andere Gemeinschaftsunterkunft umzuziehen, aber das habe sie abgelehnt.

„Missliche Situation“

Wegen des vorliegenden Falles erkundigte sich die Freie Bürgerinitiative (FBI) im Verwaltungsrat des städtischen Dienstleistungsbetriebs (DBX) am vergangenen Donnerstag nach der Situation in der Flüchtlingsunterkunft. Er sei nicht nachvollziehbar, dass ein Viertel der Wohneinheiten über einen so langen Zeitraum nicht genutzt werden könnten, sagte der Fraktionsvorsitzende Peter Hilbig. Xantens Technischer Dezernent Niklas Franke sprach von einer „misslichen Situation“. Es gebe ein laufendes Gerichtsverfahren, in dem geklärt werden solle, wer für den Wasserschaden aufkommen müsse. Die Verwaltung habe keinen Einfluss auf die Länge der juristischen Auseinandersetzung. Aber solange sie andauere, könne die Stadt in dem beschädigten Teil der Unterkunft nichts unternehmen. „Alles, was wir machen würden, würde im Zweifel zu unseren Ungunsten führen.“

Michael Kemkes (FBI) erklärte in der DBX-Verwaltungsratssitzung, warum seine Fraktion das Thema öffentlich ansprach. Die Stadt habe eine Fürsorgepflicht gegenüber den Menschen. Durch den knappen Raum gebe es Konflikte. Aber es solle auch deutlich werden, dass „alles in unserer Macht Stehende“ getan werde, um eine Lösung zu finden. Bürgermeister Thomas Görtz sagte, dass die Stadt nur begrenzte Möglichkeiten habe. Die Lage auf dem Wohnungsmarkt sei angespannt, es sei schwierig, etwas zur Unterbringung einer der beiden Familien zu finden. Die Stadt habe ihnen eine Alternative in einer anderen Unterkunft angeboten, aber diese hätten es abgelehnt. „Wir tun, was wir können, wir nehmen uns dieser Menschen an, im Rahmen unserer Möglichkeiten.“ 

https://rp-online.de/nrw/staedte/xanten/fluechtlingsunterkunft-in-xanten-knapper-wohnraum-fuehrt-zu-konflikten_aid-64553031