RHEINISCHE POST, 29. Januar 2024

Demo in Xanten gegen Rechtsextremismus

Xanten · Es dürfte die größte Demonstration der vergangenen Jahre in Xanten gewesen sein: Um die 1000 Menschen haben gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie protestiert. Die Redner richteten einen Appell an die Menschen. 

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In Xanten ist am Samstag friedlich gegen Rechtsextremismus und für Freiheit, Demokratie sowie Rechtsstaatlichkeit demonstriert worden. Dazu hatten zahlreiche Parteien, Wählergemeinschaften und Sozialverbände gemeinsam aufgerufen. Nach Angaben von Polizei und Veranstaltern nahmen rund 1000 Menschen am Protest auf dem Marktplatz teil. Die Teilnehmer kamen vor allem aus der Stadt und ihren Ortsteilen, aber auch aus der Umgebung.

Angesichts der Menschenmenge sprachen die Veranstalter von „einem starken Zeichen“, das von Xanten ausgehe. Es dürfte die größte Demonstration der vergangenen Jahre in der Stadt gewesen sein. Anlass der Demonstration war ein Treffen von Rechtsextremen, bei dem sie nach Recherchen von Correctiv über die massenhafte Abschiebung von ausländischen Menschen sprachen.

„Ihr seid die Demokratie“, rief Peter Hilbig den Demonstranten zu. Er war sichtlich beeindruckt, wie viele gekommen waren. „Wow“, sagte er, als er ans Mikrofon trat. Vor knapp einer Woche hatte der Fraktionsvorsitzende der Freien Bürgerinitiative (FBI) andere Parteien, Wählergemeinschaften und Verbände angesprochen, um mit ihnen gemeinsam und parteiübergreifend auch in Xanten – wie in anderen Städten – eine Demonstration gegen Rechtsextremismus zu organisieren.

Seitdem seien nur wenige Tage vergangenen, „und Sie stehen hier alle, das ist für mich ein ganz tolles Zeichen“, sagte Hilbig. An diesem Samstag demonstrierten Menschen in Xanten „für Freiheit, Menschenrechte, für unsere Grundsätze, die in unserer Verfassung stehen“. Wenn sich gleichzeitig in den sozialen Netzwerken Menschen dagegen positionierten, „kann ich das nicht verstehen“, sagte Hilbig. „Dann stellen sie sich gegen unser Grundgesetz.“

Auch Bürgermeister Thomas Görtz, Schirmherr der Kundgebung, sprach angesichts der vielen Demonstrationsteilnehmer von einem „starken Zeichen des Zusammenhalts, der Vielfalt und der Buntheit“. Er selbst demonstriere hier nicht für oder gegen eine bestimmte Partei. „Ich stehe hier gegen eine Haltung, die in unserer Gesellschaft um sich greift, die menschenunwürdig ist, die gegen Menschlichkeit ist, gegen Freiheit und Demokratie, und dagegen müssen wir uns wehren“, rief er. „Ich stehe hier für eine freie, bunte Gesellschaft, die Stärke aus der Vielfalt zieht.“
 

Weiter sagte Görtz: „Was wäre unser Deutschland arm, wenn es die vielen Millionen Menschen mit Migrationshintergrund nicht in unserer Mitte gäbe.“ Sie gehörten zu Deutschland. „Sie bereichern unsere Gesellschaft.“ Er wolle nicht sozialromantisch sein. „Wir können nicht alle Probleme dieser Welt in Deutschland und durch Deutschland lösen.“ Es gebe Probleme, „auch hier vor unserer Haustür“. Aber diejenigen, die „unter dem Deckmantel einer Alternative daherkommen und sich selbst verharmlosen, diese Menschen haben keine Lösungen und sind keine Alternative für Deutschland“. Görtz appellierte an die Demonstranten: „Wir sind heute viele.“ Aber sie müssten auch an anderen Tagen sichtbar sein. Sonst könnten andere den Eindruck erzeugen, dass sie die Mehrheit seien. Aber das seien sie nicht. „Nein, wir sind die Mehrheit, die Demokraten.“

Sie alle seien auf den Marktplatz gekommen, „um Haltung zu zeigen“, sagte Matthias Heinrich von der katholischen Kirchengemeinde St. Viktor. „Xanten zusammen für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.“ Gerade Deutschland habe durch seine Geschichte eine Verantwortung, auch die beiden christlichen Kirchen, die ebenfalls Schirmherren der Demonstration waren. „Nie wieder – das ist keine Floskel, das ist ein konkreter Auftrag!“, sagte Heinrich. Jeder Christ, jede Christin hätten die Verantwortung, dass Nächstenliebe „im täglichen Leben konkret wird“.

Die Demokratie sei keine Selbstverständlichkeit, warnte Pfarrerin Simone Drensler von der evangelischen Kirchengemeinde Xanten-Mörmter. „Jeden Tag müssen wir sie leben und gestalten, müssen wir sie feiern und verteidigen.“ Drensler appellierte an die Menschen: „Überall, wo uns extreme und faschistoide Worte und Haltungen entgegenkommen, da haben wir die Verantwortung, uns nicht wegzuducken.“ Sie müssten dann aufstehen, sich einmischen und sagen, wofür sie stünden: für „eine bunte und vielfältige Gesellschaft, divers und plural, eine Gesellschaft, die weiß, dass es auf komplexe Fragen keine einfachen Antworten gibt.“

Die Kundgebung dauerte etwa eine halbe Stunde. Die Reden wurden mehrfach von Applaus unterbrochen. Viele Demonstranten hielten Schilder hoch, auf denen sie sich für Menschenrechte, Vielfalt und Demokratie aussprachen, auf denen sie sich gegen Rechtsextremismus und die AfD positionierten. „Menschenrechte statt rechte Menschen“, war zu lesen, genauso wie „Wenn AfD die Antwort ist, wie dumm war dann die Frage?!“, „Nie wieder ist jetzt“ oder „AfD – Nein Danke. Ihr seid nicht das Volk“.

An der Demonstration nahmen Kinder, Jugendliche und Erwachsene unterschiedlichen Alters und aus verschiedenen Bevölkerungsgruppen teil. Unter ihnen waren Menschen, die erstmals an einer Demonstration teilnahmen, wie sie im Gespräch mit unserer Redaktion sagten. Sie gingen auf die Straße, weil sich Rechtsextreme getroffen und über die massenhafte Abschiebung von Ausländern gesprochen hätten. Das zeige, welche Gefahr von Rechtsextremen ausgehe. Die Demokratie müsse gegen sie verteidigt werden. Dafür sei es wichtig, Gesicht zu zeigen. Die Menschen in Deutschland hätten die Verantwortung, dass sich so etwas wie unter den Nazis nicht wiederhole. Die Demonstrationen seien aber auch ein Signal an die Politik, dass sie die aktuellen Probleme lösen müsse, damit Rechtsextreme keinen Zulauf bekämen.